Aus Versicherung wird Verbesserung?
Lange Zeit war die Deutsche Vermögensberatung (DVAG) der Exklusivvertrieb für die Berufsunfähigkeitsversicherung von der Aachen Münchener, die zum Generali Versicherungskonzern gehörte.
Im Rahmen der Konzernumstrukturierung schluckte die Mutter die Tochter und aus Aachen Münchener wurde Generali.
Zeitgleich wurden die bestehenden Generali Renten- und Berufsunfähigkeitsversicherungen verkauft und sind nun unter der Flagge der Proxalto Lebensversicherung AG.
Seitdem läuft die Berufsunfähigkeitsversicherung der DVAG unter dem Logo der Generali und dem Slogan „Aus Versicherung wird Verbesserung“.
Ob die Bedingungen dieser BU das Versprechen mit der Verbesserung einhalten können, welcher Leistungsbaustein mich wirklich sehr überrascht hat und wer zur eigenen Sicherheit einen großen Bogen um die „BU mit dem Löwen“ machen sollte, das alles lesen Sie in diesem Artikel.
Sollen wir Ihnen das Thema näher erklären?
Hat die Generali alle „BU-Profi MUST HAVES“ erfüllt?
Wer ein Haus bauen will, der fängt mit dem soliden Fundament an. Nur wenn der Boden eben und fest ist, sollten Sie Ihr Häuschen darauf bauen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass es im Sande versickert.
Bei der Berufsunfähigkeitsversicherung ist das ganz ähnlich. Nur wenn bestimmte Punkte in den Versicherungsbedingungen im Interesse des Kunden geregelt sind, macht es Sinn andere Themen wie eine Teilzeitklausel, Nachversicherungsgarantie oder die Arbeitsunfähigkeitsklausel Sinn zu überprüfen.
Gucken wir doch einmal, wie die Generali meine BU-Profi MUST Haves umgesetzt hat.
- Reicht einfacher Kräfteverfall oder muss ein mehr als altersentsprechender Kräfteverfall gegeben sein, damit Leistung unabhängig von einer Krankheit oder einer Körperverletzung geleistet wird?Hierbei hat die Generali leider den mehr als altersentsprechenden Kräfteverfall. Schaden, da dies im Vergleich zum Markt schon längst überholt ist.
- Da die Generali die BU-Rente ab einer Prognose von 6 Monaten zahlt und auch rückwirkend anerkennt, wenn zwar keine Prognose der BU-Dauer möglich gewesen ist, nun aber tatsächlich sechs Monate Berufsunfähigkeit vorliegt (fiktives Anerkenntnis), sind damit zwei meiner MUST Haves erfüllt.
- Verzichtet die Versicherung auf ihr eigenes Kündigungsrecht nach Paragraph 19 im Versicherungsvertragsgesetz, wenn die Verletzung der Anzeigepflicht unverschuldet erfolgte?NEIN, das macht die Generali auch nicht.
- Sehr positiv hervorzuheben ist die „Arztanordnungsklausel“ in dieser BU-Police. Neben dem Verzicht auf operative Eingriffe wird ausschließlich das Befolgen von einfachen ärztlichen Empfehlungen mit sicherer Aussicht auf Besserung des Gesundheitszustandes verlang.
- Eine Meldung gesundheitlicher Besserung oder einer Minderung der BU muss im Leistungsfall nicht aktiv erfolgen
- Grundsätzlich besteht der Versicherungsschutz zwar weltweit, allerdings müssen Sie beim Wegzug außerhalb Deutschlands jemanden in Deutschland bevollmächtigen, der Ihre Post entgegennimmt. Für eine Versicherung mit italienischer Muttergesellschaft und Konzerntöchtern auf der ganzen Welt wirkt eine solche Regelung schon etwas merkwürdig. Gerade auch im Vergleich zu den anderen BU-Versicherungen am Markt ist diese Regelung relativ einzigartig.
Berufsunfähigkeitsversicherung und Grundfähigkeitsversicherung in einem?
Wer sich beim Abschluss einer BU-Versicherung der Generali für die Berufsunfähigkeitspolice plus entscheidet, der hat auch Versicherungsschutz beim Verlust einer von den folgenden 8 Fähigkeiten:
- Sehen
- Hören
- Sprechen
- Gehen
- Gebrauch einer Hand
- Gebrauch eines Arms
- Knien / Bücken
- Heben / Tragen
Sie können also eine Grundfähigkeitsversicherung in Ihren BU-Vertrag integrieren. Grundsätzlich gefällt mir das Konzept sehr gut. Die Definitionen der einzelnen Fähigkeiten sind im Marktvergleich allerdings eher schlecht. So wird zum Beispiel bei der Fähigkeit Gehen sogar ein Rollator als Hilfsmittel gefordert. Das ist schon sehr schwach im Vergleich zur Konkurrenz.
Auch bei der Fähigkeit Hören wird ein maximales Resthörvermögen von 20% auf dem besseren Ohr verlangt (also 80% Hörminderung), wobei eine Abstellung auf eine Hörminderung von 60dB deutlich eher leisten würde.
Quelle: WHO zur Bemessung Dezibel VS Hörminderung in Prozent
Und beim Knien und Bücken wir lediglich beschrieben, dass mit den Fingern der Boden nicht mehr berührt werden können muss. Ob hierbei die Finger einer Hand ausreichen oder beide notwendig sind (was besser wäre) ist nicht definiert und ob beim Knien auch die beiden Knie auf den Boden kommen müssen ebenso wenig. So interessant ich die Überlegung auch finde eine BU mit gewissen Grundfähigkeiten zu kombinieren, so wenig überzeugt mich dieser Leistungsbaustein von der Generali dazu. Da macht es mehr Sinn eine vollwertige Grundfähigkeitsversicherung on top abzuschließen.
Arbeitsunfähigkeitsklausel über den Tarif Berufsunfähigkeitspolice extra
Optional ist außerdem der Abschluss eines Arbeitsunfähigkeitsbausteins (AU-Klausel) möglich. Dann heißt der Tarif BU-Police extra und Sie erhalten Sie BU-Rente bereits dann, wenn Sie mindestens über sechs Monate vollständig arbeitsunfähig krankgeschrieben sind. Im Marktvergleich schneidet diese Regelung jedoch nicht besonders gut ab.
Einmal, weil es die Leistung für maximal 18 Monate gibt (viele Versicherungen bieten aktuell 24 Monate, die Condor oder Basler zum Beispiel 36 Monate) und außerdem, weil gleichzeitig auch ein Antrag auf BU-Leistung gestellt werden muss. Dadurch wird der AU-Klausel ein entscheidender Mehrwert geraubt.
Achtung: (Nicht-)Raucher aufgepasst!
Statistisch gesehen hat ein Nichtraucher ein geringeres Risiko berufsunfähig zu werden als ein Raucher. Das wissen auch die Versicherungsgesellschaften und darum bezahlen Sie z.B. bei der Bayerischen, der Nürnberger, der Alte Leipziger, der LV1871 und vielen anderen BU-Versicherungen einen höheren Beitrag, wenn Sie beim Abschluss Raucher sind. So ist das auch bei der Generali.
Im Gegensatz zu den anderen Versicherungsgesellschaften müssen Sie sich bei der Generali bis zu fünf Jahre nach Vertragsabschluss melden, wenn Sie als Nichtraucher abgeschlossen haben und inzwischen zum Glimmstängel greifen. Tun Sie das nicht und Sie werden berufsunfähig, kann die Generali Ihre BU Rente um ein Drittel reduzieren!
Für Beamte gibt es eine Dienstunfähigkeitsklausel
Da den Vertretern der Deutsche Vermögensberatung ausschließlich die BU-Police der Generali zur Verfügung steht, ist es clever, dass diese auch eine DU-Klausel in den Vertrag einschließen können. Wenn Sie schon im öffentlichen Dienst arbeiten oder dies in Zukunft vorhaben, kann diese Klausel durchaus interessant für Sie sein. Leider enttäuscht mich die Generali BU auch hierbei. So muss die Dienstunfähigkeit vor dem 60. Lebensjahr eingetreten sein und es darf ausschließlich medizinische Gründe dafür geben.
Im Vergleich zu Versicherungen wie Die Bayerische oder die Deutsche Beamtenversicherung (AXA / DBV) kann die Regelung der Generali nicht mithalten.
Nachversicherungsgarantien sind praktisch nicht vorhanden!
Wenn Sie zum Beispiel Arzt, Architekt, Ingenieur, Steuerberater, Unternehmensberater, Techniker oder Informatiker sind oder in einem anderen akademischen Beruf arbeiten beziehungsweise dies nach Ihrem Studium vorhaben, dann sind die Nachversicherungsmöglichkeiten ohne Gesundheitsprüfung (besser noch ohne Risikoprüfung) ein wesentliches Auswahlkriterium für Ihre BU-Versicherung. Auch in diesem Punkt werden Sie mit der Berufsunfähigkeitsversicherung von der Generali Ihren Bedarf nicht ausreichend absichern können.
Je Erhöhung sind maximal 300,- Euro Monatsrente möglich. Insgesamt können Sie höchstens um 1.000,- Euro BU-Rente erhöhen, dann auch nur auf bis zu 2.000,- Euro im Monat. Da ist es fast schon egal, dass die Versicherung nur auf die Gesundheitsprüfung verzichtet oder dass eine Erhöhung nur möglich ist, wenn Ihr betreffender Tarif überhaupt noch für Neuverträge angeboten wird.
Mein Fazit zur Berufsunfähigkeitsversicherung der Generali (über die Deutsche Vermögensberatung)
Bei einem Unternehmen, das offensiv mit dem Slogan „Aus Versicherung wird Verbesserung“ wirbt, erwartet man durchaus viel. Leider hält der Versicherer mit dem geflügelten Löwen davon nicht viel. Mit Ausnahme der Idee, eine Grundfähigkeitsversicherung in die BU zu integrieren (die allerdings nicht besonders kundenfreundlich umgesetzt ist) kann ich beim besten Willen kein gutes Haar an dieser Versicherung lassen. Ob es um meine MUST Haves geht, um optionale Klauseln wie die AU- oder DU-Bausteine, um die Nachmeldepflicht bei Änderung des Raucherstatus oder auch um die Nachversicherungsmöglichkeiten, aus meiner Sicht passt diese Versicherung für niemanden.
MI SCUSI!
P.S. zur Teilzeitklausel der Generali habe ich mich in meinem Artikel „Teilzeitklausel in der BU-Versicherung – Worauf kommt es dabei an“ geäußert.
0 Kommentare