Der BU-Profi

VorlageBlog-56-BeitragsbildGetsurance – so heißt die nach eigenen Aussagen erste vollständig digitale Berufsunfähigkeitsversicherung Deutschlands.

Was verspricht der Anbieter? Was ist neu und besonders? Welche Vorteile bringt dieses Produkt mit sich und welche Nachteile?

Wird die Königs-Disziplin im Versicherungsbereich zum „to-go“-Geschäft?

 Schnell und einfach zum passenden Schutz, für Jedermann bezahlbar und auch mit Vorerkrankungen soll alles möglich sein. Für jemanden, der seit über 10 Jahren mit diesem Geschäft sein Geld verdient wirkt dieses Szenario überraschend und erschreckend zugleich, war doch die Einkommensabsicherung stets eine der komplexesten Sparten wenn es um Versicherungen geht.

Viel Leistung zum billigen Preis?

 Auf der Homepage wird versprochen eine BU-Police bereits ab 4,90 Euro im Monat zu bekommen. Das hört sich zumindest schon einmal unschlagbar an, denn eine solche Absicherung schlägt im Normalfall nicht selten mit über 50,- Euro im Monat zu Buche.

Leider driften hier Vorstellung (wenn ich nicht mehr arbeiten kann erhalte ich meine Leistung) und Realität weit auseinander, denn hierbei handelt es sich um den Basic-Schutz, der nur bei Unfällen zahlt. Wie Getsurance einen Unfall definiert, ist aktuell noch ein Geheimnis, da die entsprechenden Versicherungsbedingungen noch nicht vorliegen.

Weiter gibt es die Tarife Comfort und Premium, die dann für einen 1990 geborenen kaufmännisch tätigen 180cm großen und 80kg schweren Kunden ohne Vorerkrankungen 23,82 Euro bzw. 32,12 Euro im Monat kosten sollen, für 1.000,- Euro monatliche Rente bis zum 65. Lebensjahr.

Beim genauen Hinschauen fehlt jedoch in der mittleren Variante, dem Comfort-Tarif, der Versicherungsschutz, wenn die Berufsunfähigkeit durch psychische Erkrankungen hervorgerufen wurde. Da aktuell rund ein Drittel aller Leistungsfälle aber genau mit solchen Problemen begründet werden, fehlt ein großes Stück Absicherung.

Es bleibt also die Premium-Variante übrig und hier hat man sich wirklich Mühe beim Bedingungswerk gegeben: beispielsweise ist neben einer Berufsunfähigkeit durch Krankheit und Körperverletzung auch der altersentsprechende Kräfteverfall mitversichert, die sogenannte „Arztanordnungsklausel“ ist recht gut formuliert (was muss der Kunde im Fall der Berufsunfähigkeit für ärztliche Behandlungen oder Maßnahmen über sich „ergehen“ lassen) und Angestellte und Arbeiter können im Leistungsbezug einer anderen Tätigkeit nachgehen und dort bis zu 80% des letztens Bruttoeinkommens verdienen ohne die Rente zu gefährden.

Bei Selbstständigen hingeben greift die 20% Regelung nicht. Vielmehr wird hierzu überhaupt nichts gesagt bzw. definiert außer, dass auf eine Umorganisation bei Unternehmen mit bis zu 5 Mitarbeitern verzichtet wird. Für alle anderen stellt dies ein unkalkulierbares Risiko dar.

Achtung bei den Details

 Von den Bedingungs-Basics her ist der Versicherungsschutz also (mit Ausnahme der Selbstständigen) ganz ordentlich geworden. Problematisch wird es hingegen bei den Details: So sollte der Kunde gewarnt sein, dass er keinen Versicherungsschutz bei der Ausübung zahlreicher Hobbys genießt. Dazu gehören beispielsweise Rennfahrten, jede Art von Fliegen mit Ausnahme einer Passagierairline und alle gefährlichen Freizeitaktivitäten, die jedoch nicht alle aufgeführt werden.

Die Besonderheit dieses Tarifes, zu anderen am Markt, liegt insbesondere darin, dass die Ausübung dieser Hobbys nicht nur bei der Antragsstellung relevant ist sondern auch bei späterer Aufnahme der Freizeitbeschäftigung. Fängt die versicherte Person also mit dem Flugsport oder American Football erst fünf Jahre nach Vertragsabschluss an wäre dies, im Gegensatz zu allen anderen Angeboten am Markt, ausgeschlossen. Zudem sind die gemachten Ausschlüsse sehr unklar formuliert. Beispielsweise ist „normales Skifahren im Urlaub“ wieder mitversichert. Die Frage ist: was ist „normal“ und ab wann ist es „Urlaub“?

Auch die Infektionsklausel ist im Vergleich zum Markt sehr schlecht formuliert. Hier geht es nämlich bei genauer Auslegung gar nicht mehr um die Frage, ob der Kunde eine Tätigkeit gemäß Infektionsgesetzt ausüben DARF oder nicht, sondern ob er dazu AUßERSTANDE ist.

Letztendlich ist noch zu erwähnen, dass gerade einmal bis zu 60% des Nettoeinkommens abgesichert werden können. Da das Einkommen aber den heutigen Lebensstandard bedeutet stellt sich die Frage ob man im Fall der Fälle wirklich auf fast die Hälfte verzichten kann. Bei anderen Versicherungen ist in der Regel bis zu 70% des Bruttoeinkommens versicherbar.

Sollen wir Ihnen das Thema näher erklären?

Falls Sie spezielle Fragen  haben, die in diesem Text nicht beantwotet werden können, zögern Sie nicht uns zu kontaktieren!

Riskante Kalkulation?

Am Markt bisher fast ausschließlich verwendet wird die Brutto-Netto-Kalkulation in der BU-Versicherung. Hierbei ermittelt das Versicherungsunternehmen einen Beitrag (brutto) und zieht die voraussichtlich erzielbaren Gewinne direkt davon ab. So ergibt sich der Zahl- bzw. Nettobeitrag.

Wie zuvor schon die Canada Life geht Getsurance hier einen anderen Weg und weist lediglich einen Beitrag aus – hier ist der Brutto- gleich der Nettobeitrag. Neben dem Nachteil, dass so allerdings auch keine Leistungserhöhungen durch Überschüsse im Rentenbezug möglich sind, hält sich die Versicherung die Möglichkeit offen nach Ablauf von 5 Jahren den Beitrag anzupassen.

Allerdings ist der Anbieter Getsurance genau genommen gar keine eigene Versicherung, sondern ein gebundener Versicherungsvertreter aus Berlin. Nur eben ohne eigenes Büro – alles rein online.

Hinter der BU-Versicherung steht die Liechtensteiner Lebensversicherung Squarelife, die erst seit 2013 auf dem Markt ist und ursprünglich mit dem „Run-off“ (also der Verwaltung von Versicherungsbeständen ohne Neugeschäft) von Versicherungen ihre Brötchen verdienten. (Quelle http://www.squarelife.li/)

Die Berliner halten also ihren Namen hin, das Risiko wird aber über Liechtenstein abgesichert.

In der Kombination der mangelnden Erfahrung mit der Berufsunfähigkeitsversicherung (das Unternehmen ist ja gerade einmal 4 Jahre überhaupt auf dem Markt tätig) mit dieser Klausel kann ein vermeintlich günstiger Beitrag ein paar Jahre später richtig teuer werden.

Getsurance ist nicht objektiv

Die Tatsache, dass Getsurance selbst Versicherungsvertreter für einen (oder vielleicht später mehrere) Anbieter ist, bedeutet aber auch, dass alle auf der Homepage oder in Werbeanzeigen gemachte Angaben nicht objektiv sein können. Verständlich, denn jede andere Versicherung preist sein Produkt ja ebenfalls als „non-plus-ultra“ an.

Der Verbraucher benötigt also in allen Fällen einen Versicherungsmakler oder Versicherungsberater, der seine Wünsche und Bedürfnisse erfragt und prüfte welche BU-Versicherung nun die passende ist.

An dieser Stelle sei auch schon einmal gesagt, dass dieses Produkt auch über einen Makler zu bekommen sein wird.

Für wen lohnt sich also die erste digitale Berufsunfähigkeitsversicherung?

In einer immer schneller werdenden Welt, in der Zeit immer wertvoller wird, klingt es mehr als verlockend in wenigen Minuten eine der wichtigsten Absicherungen überhaupt direkt von zu Hause aus am Tablet oder PC einzukaufen.

In der Realität ist die BU-Versicherung jedoch eine sehr sensible Angelegenheit: der Gesundheitszustand sollte akribisch geprüft werden (am besten mit Hilfe der Krankenakte), ein detailliertes Tätigkeitsprofil über den aktuellen Beruf sollte angelegt werden, der Absicherungsbedarf muss ermittelt werden und letztendlich muss auf Basis dieser und einiger weiterer Angaben der passende Anbieter und Tarif ermittelt werden. Sonst kann im Schadenfall aus der erhofften finanziellen Rettung ganz schnell ein Desaster werden.

Immerhin fällt im Fall Getsurance die Ermittlung des richtigen Berufs weg, da hier lediglich nach körperlicher oder kaufmännischer Tätigkeit sowie Anteil der Büroarbeit gefragt wird.

Ist Getsurance für Sie dann im Hinblick auf die Bedingungen, Ihre persönliche Situation und die Beitragsgestaltung interessant, kann dies sicherlich eine Lösung sein. Welchen Vorteil der Verbraucher nun aber dadurch hat, dass der Antragsprozess komplett digital läuft, wird sich zeigen. Unter Umständen erhalten Sie Ihren Versicherungsschein dann schon innerhalb weniger Sekunden als PDF auf Ihren Bildschirm. Ob dies bei einer Versicherung, die meistens über 30 Jahre lang läuft der entscheidende Vorteil ist?

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