Die konkrete Verweisung ist eine der umfangreichsten Regelungen in den Bedingungen der Berufsunfähigkeitsversicherung.
Darum möchte der HDI das zum Start des Jahres 2024 ändern und streicht diese Verweisungsmöglichkeit komplett aus ihrer neuen BU. Somit verzichtet der Versicherer ab sofort für alle Neukunden auf die konkrete Verweisungsmöglichkeit.
Die „Ego Top BU“ ist somit aktuell der einzige Tarif am Markt, der für alle Berufe auf diese Regelung verzichtet. Damit stellt sich für den einen oder anderen, der oder die kurz vor Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung ist, die Frage, wie wertvoll der Wegfall dieser Klausel ist und ob bei der Wahl der passenden Versicherungsbedingungen überhaupt noch ein Weg an der EGO Top vom HDI vorbeiführt.
Und genau deswegen gucken wir uns dieses Thema genau an und Sie erfahren nun alles, was es dazu aus unserer Sicht zu wissen gibt.
Sollen wir Ihnen das Thema näher erklären?
Die allgemeine Qualität der HDI Ego Top
In diesem Artikel geht es vorrangig um die Neuerung in der HDI Berufsunfähigkeitsversicherung: den Verzicht auf die konkrete Verweisung in allen Berufen.
Wenn Sie mehr über die sonstige Qualität dieses Tarifs lesen möchten, dann schauen Sie gerne unseren HDI Berufsunfähigkeitsversicherung Test aus dem Jahr 2023 an.
Daran hat sich nämlich im Wesentlichen nichts geändert.
Auch die vereinfachten Gesundheitsfragen für Ärzte und Medizinstudenten gibt es weiterhin in unveränderter Form.
Wenn Sie bereit sind, gucken wir uns jetzt als DAS Highlight in der neuen BU-Versicherung von HDI an: eine Absicherung gegen Berufsunfähigkeit ohne konkrete Verweisung.
Was ist eine konkrete Verweisung?
Bevor wir klären, ob die HDI BU-Versicherung damit einen echten Mehrwert bietet oder es sich eher um einen „Marketing-Gag“ handelt, wollen wir klären, was es mit dieser Verweisungsmöglichkeit eigentlich auf sich hat.
Im Gegensatz zur abstrakten Verweisung, die oft gebetsmühlenartig hoch- und runtergebetet wird, ist in den allermeisten unserer Beratungsgespräche die konkrete Verweisbarkeit bei den werdenden Kundinnen und Kunden eher unbekannt. Besser gesagt: vor unserer Beratung, denn wir gehen in jeder Beratung sehr detailliert darauf ein.
Der Unterschied zwischen der abstrakten und der konkreten Verweisung ist im Prinzip die Frage, ob Sie während einer Berufsunfähigkeit einen anderen Job theoretisch (abstrakt) oder wirklich (konkret) ausüben.
Hätte Ihre Berufsunfähigkeitsversicherung keinen Verzicht auf die abstrakte Verweisung, kann die Versicherung im Leistungsfall prüfen, ob Sie einen anderen Beruf ausüben könnten, der Ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.
Was allerdings auch dabei nicht geht, ist eine Verweisung vom Unternehmensberater oder Ingenieurs auf einen Kassierer, da sowohl das Einkommen, wie auch das soziale Ansehen von Unternehmensberater und Ingenieure oberhalb des Kassierers liegen.
Beim konkreten Verweisen geht es hingegen darum, dass Sie tatsächlich einer anderen Tätigkeit nachgehen, während Sie in Ihrem bisherigen Beruf berufsunfähig sind.
Zum Beispiel werden Sie in Ihrem Beruf als Oberärztin berufsunfähig und beginnen tatsächlich eine Umschulung zur Versicherungskauffrau.
Gemäß den Regeln zur konkreten Verweisbarkeit prüft die Berufsunfähigkeitsversicherung nun, ob Sie auf diese neue Tätigkeit verwiesen werden können, weil es sich um einen vergleichbaren Beruf handelt.
Gute Versicherungsbedingungen, wie zum Beispiel von der Alte Leipziger, der Condor, der Hannoverschen und allen anderen, die alle BU-Profi MUST HAVES erfüllen (übrigens auch schon von der HDI BU vor 2024), gilt dabei: verdienen Sie in Ihrer neuen beruflichen Tätigkeit maximal 80 % des vorherigen Bruttoeinkommens, erhalten Sie weiterhin die volle Berufsunfähigkeitsrente.
In diesem Fall können wir sicher davon ausgehen, dass das Gehalt der Oberärztin deutlich höher gelegen hat als im neu ausgeübten Beruf zur Versicherungskauffrau. Unabhängig vom Einkommen wäre auch die soziale Wertschätzung unter der Wertschätzung der vorherigen Tätigkeit.
Eine Verweisung ist dieses Mal nicht denkbar.
In vielen Fällen besteht also die Möglichkeit, eine BU-Rente zu bekommen und gleichzeitig arbeiten zu gehen.
Eine Verweisung ist nicht immer ausgeschlossen
Es kann aber auch anders kommen und Ihre Berufsunfähigkeitsversicherung stoppt die Rentenzahlung wegen konkreter Verweisung.
Auch dazu ein Beispiel: In Ihrer bisher ausgeübten Tätigkeit als Softwareentwickler können Sie aufgrund einer chronischen Sehnenscheidenentzündung nicht mehr arbeiten und erhalten Ihre BU-Leistung.
Da Sie nicht den ganzen Tag sprichwörtlich auf dem Sofa verbringen möchten, heuern Sie in einem neuen Beruf als Softwarearchitekt an, bei dem der Anteil an reiner PC-Arbeit deutlich reduziert ist und Sie überwiegend mit Planung, Organisation und Abnahme der Projekte betraut sind.
Das Gehalt und Ansehen des neu ausgeübten Berufs wird dabei in diesem Beispiel nicht schlechter sein als das des Softwareentwicklers. Im Gegenteil: es könnte sogar eine Verbesserung mit sich bringen.
Sie können jetzt immer noch überlegen, ob Sie anstelle einer Vollzeitbeschäftigung nur in Teilzeit arbeiten, um unter diesen oben genannten 80 % des letzten Brutto zu bleiben (in den guten Versicherungsbedingungen), aber gemäß Rechtsprechung (BGH Urteil IV ZR 19/18 vom 26.06.2019) unterliegt diese Grenze im Gegensatz zu Ihrem Einkommen keiner Anpassung an die Inflation und würde früher oder später doch überschritten werden.
An dieser Stelle kann ich den HDI schon einmal darin bestätigen, dass ein Verzicht auf diese ganzen gerade genannten Regelungen zu einer deutlichen Vereinfachung der Berufsunfähigkeitsversicherung führt.
Der Verzicht auf die konkrete Verweisung in der Berufsunfähigkeitsversicherung ist nicht neu
Ganz neu ist die Idee nicht.
Zumindest für bestimmte Berufsgruppen wie Ärzte, Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer gibt es mit der Baloise, der Nürnberger, der Deutsche Ärzteversicherung und auch der ERGO (im Tarif der Deutsche Anwalts- und Notarversicherung) schon seit geraumer Zeit in der Berufsunfähigkeitsversicherung keine Verweisungsmöglichkeit mehr.
Ein Chirurg, der aufgrund einer Epilepsie oder eines Tremors nicht mehr operieren darf, eine neue Karriere als Bildungsreferent startet und gut bezahlte Vorträge hält, darf in diesem Fall mehr verdienen, ohne seine Berufsunfähigkeitsrente zu gefährden.
Fairerweise muss man dazu sagen, dass es gerade bei Ärzten, Rechtsanwälten, Notaren, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern ohnehin sehr schwer wird, im Fall einer Berufsunfähigkeit eine Vergleichstätigkeit zu finden. Das liegt unter anderem an der sehr guten Bezahlung und auch an den hohen Voraussetzungen, um in den Beruf reinzukommen. Studiengänge wie Medizin und Jura sollen es ja in sich haben 😉
Daher ist die Klausel der obigen BU-Versicherer zwar im individuellen Fall „nett“, spielt aber im Leistungsfall in der Praxis äußerst selten eine Rolle.
Was macht der HDI anders?
Der HDI ist hingegen der erste Versicherer, der in seiner BU-Versicherung für alle Berufe auf sämtliche Verweisungsmöglichkeiten verzichtet.
Das bedeutet, dass Ingenieure, IT-Consultants, Unternehmensberater, Produktmanager, Softwareentwickler und alle anderen Berufstätigen im Fall einer Berufsunfähigkeit die Möglichkeit haben, in einem anderen Job Geld zusätzliches Geld zu verdienen, ohne ihre BU-Rente zu gefährden.
Und „alle anderen Berufstätigen“ bedeutet zum Beispiel auch, dass ein Tischler, dessen Finger in der Kreissäge landen oder ein Fliesenleger, dessen Knie durchgescheuert sind, in einem kaufmännischen Beruf neu anfangen können. Ohne Nachteile bei der Leistung der BU-Versicherung befürchten zu müssen.
Und dabei sind es überwiegend die handwerklichen Berufe, bei denen eine kleinere Einschränkung wie ein kaputtes Knie eine große Auswirkung auf die bisherige Tätigkeit hat, ein Job am Schreibtisch häufig aber noch möglich ist.
Damit können wir schon einmal festhalten, dass die HDI Berufsunfähigkeitsversicherung EGO Top nicht nur deutlich vereinfacht wurde, sondern dass vor allem körperliche und handwerkliche Berufe von dieser Neuerung profitieren.
Und damit kommen wir auch schon zu einer der Schattenseiten: die Berufe, die vom neuen Verweisungsverzicht am wahrscheinlichsten profitieren, sind bei einem Neuabschluss beim HDI im Beitrag sehr teuer. Klar, das sind sie ohnehin, aber für Mechatroniker, Elektriker, Krankenschwestern, Friseure und so weiter gibt es andere gute Versicherer mit teilweise deutlich günstigeren Beiträgen.
Klar, wir müssen uns nichts vormachen: je höher das Risiko einer Berufsunfähigkeit, desto höher ist auch der Beitrag. Daher ist es (das kann ich gar nicht oft genug betonen) so sinnvoll, eine Berufsunfähigkeitsversicherung möglichst schon während der Schulzeit abzuschließen. Das geht auch beim HDI. Und für den bestehenden Vertrag sowie die Erhöhungen durch die Beitragsdynamik bezahlen Sie beziehungsweise Ihre Kinder dauerhaft den günstigeren Schülerbeitrag.
Wenn Sie die HDI Berufsunfähigkeitsversicherung allerdings erhöhen wollen, darf die Versicherung zwar laut Versicherungsbedingungen keine neuen Hobbys abfragen und auch keine Fragen zum Gesundheitszustand stellen, aber nach dem aktuellen Beruf darf der HDI fragen. So kann der Beitrag für die erhöhte BU-Rente dann deutlich teurer werden.
Und damit sind wir auch bei der zweiten Schattenseite.
Die Eier legende Wollmilchsau kann es bei der Berufsunfähigkeit nicht geben
Seit der HDI publik gemacht hat, was im neuen Tarif seit Ende 2023 / Anfang 2024 anders sein wird, diskutiert die Versicherungsbranche über Fluch und Segen.
Auf der Habenseite steht, dass eine Berufsunfähigkeitsversicherung dadurch deutlich vereinfacht wird. Der HDI nimmt damit viel Komplexität aus jedem Leistungsfall.
Zusätzlich lässt sich der Vorteil nicht von der Hand weisen, dass Sie Ihre BU-Rente und ein beliebiges Einkommen gleichzeitig beziehen können, ohne auf irgendetwas achten zu müssen.
Dabei gilt, dass dieser Mehrwert bei Personen in körperlichen, pflegerischen und handwerklichen Berufen am größten ist. Gefolgt von Menschen in kaufmännischen Tätigkeiten.
Je höher der Bildungsgrade ist, desto weniger Vorteil bietet die neue Regelung der HDI BU im Leistungsfall.
Und damit stellt sich die Frage, ob es überhaupt noch sinnvoll ist, eine andere als die HDI Berufsunfähigkeitsversicherung in Betracht zu ziehen. Oder haben wir hier tatsächlich die beste Berufsunfähigkeitsversicherung am Markt?
Sollten nun alle anderen Versicherungen dem Beispiel HDI folgen?
Aus meiner Sicht ist diese Frage zu verneinen. Denn wenn eine Versicherung sämtliche Verweisungsrechte aus der Hand gibt, dann muss er an einer anderen Stelle Leistungen kürzen.
Nehmen wir zum Beispiel die LV 1871, die Baloise und Die Bayerische. Bei allen drei Versicherern können Sie Ihr Kind bereits während der Schulzeit versichern. Bei der LV 1871 schon ab dem 6. Lebensjahr, bei den anderen beiden liegt das Eintrittsalter bei 10 Jahren.
Alle drei Tarife haben gemeinsam, dass sie bei allen Erhöhungen im Rahmen der Nachversicherungsgarantie nicht nur auf die Gesundheitsprüfung verzichten, sondern auch nicht nach der neuen Berufstätigkeit fragen. Somit kann Ihr Kind unabhängig vom späteren Beruf sämtliche Erhöhungen zum Schülerbeitrag durchführen.
Übt Ihr Kind allerdings einen günstigeren Beruf aus, kann der Vertrag ebenfalls besser gestellt werden. Ein Vorteil, der eine bedarfsgerechte Absicherung dauerhaft möglich macht.
Allerdings gehe ich davon aus, dass die Kombination aus der Nachversicherung ohne Berufsabfrage und dem Verzicht auf die konkrete Verweisung für alle Berufe sehr schwer umzusetzen ist.
Mein Fazit zur neuen Berufsunfähigkeitsversicherung 2024 vom HDI ohne konkrete Verweisung
Die neue HDI Berufsunfähigkeitsversicherung überzeugt weiterhin insgesamt durch die sehr guten Versicherungsbedingungen und kommt neuerdings ohne eine sehr umfangreiche Klausel aus.
Für den einen oder anderen Kunden kann dies im Fall der Berufsunfähigkeit tatsächlich ein großer Mehrwert sein. Niemand muss sich mehr darüber Gedanken machen, wie viel Geld er oder sie im Leistungsfall zur BU-Rente noch hinzuverdienen darf und wann die Leistung deswegen eingestellt werden kann.
Auf der anderen Seite ist dies auch ein größeres Risiko für den Versicherer. Es wird schwerer, eine Rentenzahlung abzulehnen (wobei der HDI das in der Erstprüfung schon lange deswegen nicht mehr konnte) und aus einer zugesagten Leistung herauskommen.
Das kann dazu führen (wenn andere BU-Versicherer folgen wollen), dass andere sehr wichtige Mehrwerte „über Bord gehen“ müssen. Eine Rentenerhöhung ohne Prüfung der neuen Tätigkeit könnte einer dieser Mehrwerte sein.
Ich persönlich recht jetzt auch nicht damit, dass es wie nach der Einführung der Teilzeitklausel läuft und schon in wenigen die nächsten zehn Versicherungen dem HDI folgen.
Und genau deswegen bleibt der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung höchst individuell und sollte gut beraten werden.
Unsere Empfehlung: suchen Sie sich einen spezialisierten Versicherungsmakler, der mit Ihnen den gesamten Prozess durchgeht. Beginnend bei der Aufbereitung Ihrer Gesundheitshistorie, die Ausschreibung der Risikovoranfragen, die Besprechung der technischen Ausgestaltung (unter anderem die Möglichkeit der Aufteilung auf mehrere BU-Verträge und der Rentenhöhe) und eben auch die Auswahl des passenden Tarifs aufgrund der Versicherungsbedingungen und Klauseln.
Wenn Sie dabei nicht länger suchen wollen, nehmen Sie einfach Kontakt zu unserem BU-Team auf oder vereinbaren Sie einen kostenfreien Termin zum Kennenlernen.
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