Der BU-Profi

Wer eine Berufsunfähigkeitsversicherung oder eine Grundfähigkeitsversicherung abschließt, der muss bei der Antragsstellung Fragen zum Beruf, zu Hobby, zu eventuell geplanten Auslandsaufenthalten und auch zum Gesundheitszustand der letzten fünf bis zehn Jahre beantworten.

Natürlich ist das nicht immer ganz so einfach, denn wer war schon fünf Jahre lang nicht beim Arzt oder hatte so gar keine Krankheiten!?

Und je nachdem, was Sie bei den Gesundheitsfragen angeben müssen, kann dies zu einem höheren Beitrag, einer Ausschlussklausel oder im schlimmsten Fall sogar zur Ablehnung führen.

Nun gibt es aber auch einige Kunden und sogar den einen oder anderen Versicherungsmakler der sich denkt „Die fehlende Herzklappe brauchen wir gar nicht angeben, denn wenn erst nach 10 Jahren etwas passiert, macht das nichts.“

Warum einige auf diese komischen Gedanken kommen und was ein ganz neues Gerichtsurteil Ende 2023 dazu besagt, dass haben wir für Sie hier einmal genauer zusammengefasst.

BU Abschluss mit Falschangaben egal

Sollen wir Ihnen das Thema näher erklären?

Falls Sie spezielle Fragen  haben, die in diesem Text nicht beantwortet werden können, zögern Sie nicht uns zu kontaktieren!

Die Folgen einer sogenannten Vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung sind im Paragraph 19 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG), sowie in den jeweiligen Versicherungsbedingungen der Berufsunfähigkeitsversicherung geregelt.

Eine Verletzung der Anzeigepflicht liegt somit schon dann vor, wenn eine Frage des Versicherers nicht richtig beantwortet wurde. Eigentlich klar.

Aber nicht jede Art der Verletzung hat die gleichen Auswirkungen.

Hier die Formulierung der Berufsunfähigkeitsversicherung von der Alte Leipziger (01.2025)

Vorvertragliche Anzeigepflicht Alte Leipziger

Was passiert bei Falschangaben beim BU-Antrag?

Die Versicherung kann bei einer schweren Verletzung der Anzeigepflicht vom Vertrag vollständig zurücktreten. Eine solche schwere Anzeigepflichtverletzung liegt dann vor, wenn sie entweder vorsätzlich oder grob fahrlässig gewesen ist. 
Sie haben die Versicherung somit bewusst angelogen oder einen Umstand verschwiegen, der so offensichtlich ist, dass Sie bei einfachem drüber nachdenken darauf hätten kommen müssen.  
Für einen vor Ausspruch des Rücktritts eingetretener Leistungsfall muss dann aber sogar die BU-Rente bezahlt werden, wenn dieser nicht im kausalen Zusammenhang mit dem Grund des Rücktritts, also der Falschangabe, steht.

Bei jeder anderen Falschangabe kann die Versicherung den Vertrag kündigen. 
Hierbei ist es wichtig, dass die Versicherung dann nicht kündigen kann, wenn sie den Vertrag auch bei Kenntnis über diese Erkrankung angenommen hätte. Wäre dafür aber zum Beispiel ein Ausschluss oder ein Zuschlag nötig gewesen, kann die Versicherung den Vertrag entsprechend anpassen.

Um unnötigen Ärger zu vermeiden, ist es aus unserer Sicht sehr wichtig, dass der Versicherer in seinen Versicherungsbedingungen zur BU-Versicherung erklärt, dass er auf die Anwendung des Paragraphen 19 VVG verzichtet, wenn die Anzeigepflichtverletzung unverschuldet gewesen ist. Dies ist auch eines unserer BU-Profi MUST HAVES.

Rücktritt, Kündigung und Vertragsanpassungen sind lediglich in den ersten fünf Jahre ab Abschluss möglich und danach verjährt. Ausnahme ist ein Rücktritt aufgrund vorsätzlicher Falschangaben, hier verlängert sich die Frist in der Regel auf zehn Jahre!

Das schärfste Schwert der Versicherung ist die Anfechtung wegen Arglist

Neben den oben genannten Falschangaben gibt es aber auch noch solche, die die Definition der Arglist nach § 123 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erfüllen. Dies liegt zum Beispiel dann vor, wenn Sie Erkrankungen, nach denen die Versicherung ausdrücklich gefragt hat, nicht angegeben haben, weil Sie die Versicherung bewusst darüber täuschen wollten um Versicherungsschutz zu bekommen, den Sie sonst nicht bekommen hätten. 

Ganz wichtig an dieser Stelle: Nicht gemeint sind vereinfachte Gesundheitsfragen, die wahrheitsgemäß beantwortet werden wie zum Beispiel unsere „BU fast ohne Gesundheitsfragen für Ärzte und Medizinstudenten“ und die „BU-Versicherung mit stark vereinfachten Gesundheitsfragen für Rechtsanwälte und Notare“. Fragt die Versicherung nach bestimmten Krankheiten nicht, können Sie hierbei auch mit gutem Gewissen und gutem Gefühl „NEIN“ angeben. 

Beispiele: 

  • Sie werden gefragt, ob Sie einen Schlaganfall hatten und beantworten diese Frage trotz eines „Mikroinfarkts im Gehirn“ vor 2 Jahren mit „nein“
  • Bei der Frage, ob Sie Erkrankungen des Herzens haben, antworten Sie mit „nein“, obwohl Ihnen eine Herzklappe fehlt.
  • Trotz der Diagnose „Multiple Sklerose“ beantworten Sie die Frage danach mit „nein“.

Bei allen diesen Vorerkrankungen wird der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unmöglich, wenn die Versicherung danach fragt. 

 

Fristen Vorvertragliche Anzeigepflicht Alte Leipziger

Auch hierzu einmal den Auszug der Versicherungsbedingungen von der Alten Leipziger.

Während ein Rücktritt (wen grober Fahrlässigkeit), eine Kündigung und eine Vertragsanpassung bereits nach fünf Versicherungsjahren nicht mehr möglich ist, verlängert sich diese Dauer um weitere fünf auf nun zehn Jahre.

Aber danach ist dann auch wirklich Schluss. Oder?

Genau mit dieser Frage hatte vor einiger Zeit das Oberlandesgericht beschäftigt. Da die Revision nun vom BGH (Beschluss vom 23.10.2024 – IV ZR 229/23) zurückgewiesen wurde, ist das Urteil rechtskräftig.

Aber der Reihe nach.

Bewusste Falschangabe beim Abschluss der Berufsunfähigkeitsversicherung

Ein Mann hat beim Abschluss seiner BU-Versicherung im Antrag auf die Frage, ob er in einer psychischen Behandlung gewesen sei mit „nein“ geantwortet. Dies hat er bewusst getan, weil er die Konsequenzen einer möglichen Ablehnung oder einer Ausschlussklausel von psychischen Erkrankungen vermeiden wollte.

In den kommenden Jahren wurde er aufgrund von weiteren psychischen Beschwerden in dieser Folge berufsunfähig. Den Antrag auf Leistung stellte er dann genau nach 10 Jahren und drei Tagen nach dem Tag des Abschlusses.

Wohl in der Hoffnung „nach zehn Jahren kann mir der Versicherer den Vertrag nicht mehr anfechten“.

Doch die Versicherung verweigerte die Leistung, wogegen der Kunde Klage eingereicht hat. Zunächst vor dem Landgereicht Göttingen. Das LG Göttingen lehnte die Klage des Mannes ab und gab der Versicherung recht.

Der Kläger ging danach in Revision vor dem OLG Braunschweig, was ebenfalls dem Versicherer Recht gab.

Die Begründung der Klage ist dabei spannend: Zwar sind die zehn Jahre für die Arglistanfechtung nach Paragraph 124 Abs. 3 BGB verjährt, aber der Mann hat ganz genau und in vollem Bewusstsein auf das Verstreichen dieser 10 Jahre geachtet.

Und so kann die Versicherung die Leistung verweigern, obwohl die Frist zur Anfechtung wegen Arglist bereits abgelaufen ist. 

Müssen Sie sich nun beim BU-Abschluss Sorgen machen, wenn Sie etwas vergessen haben?

Meiner Ansicht nach ändert dieses Urteil rein gar nichts, es stellt aber etwas sehr wichtiges klar. 

Wer die Angaben in seinem BU-Antrag vollständig und wahrheitsgemäß beantwortet, der hat nach wie vor nichts zu befürchten. Auch dann nicht, wenn Dinge nicht angegeben werden, nach denen nicht gefragt wird (zum Beispiel bei Anträgen mit vereinfachten Gesundheitsfragen). 

Es ändert sich auch nichts daran, dass der Versicherer nach 10 Jahren ab Abschluss des Vertrags keine Überprüfung der Anzeigepflichtverletzung mehr vornehmen können. 

In diesem Fall kommt auch noch hinzu, dass der Leistungsfall nicht nach Ablauf der zehn Jahre, sondern bereits vorher eingetreten ist und lediglich der Leistungsantrag nach den zehn Jahren gestellt wurde. 

Wie der gleiche Fall ausgesehen hätte, wenn der BU-Fall erst nach den zehn Jahren und drei Tagen eingetreten wäre und der Versicherer anhand der ärztlichen Unterlagen festgestellt hätte, dass diese BU aufgrund einer Erkrankung eingetreten ist, die bereits vor über 10 Jahren bestanden hat und abgefragt wurde, darüber sagt dieses Urteil nichts aus. 

Was wir auf jeden Fall festhalten können: 

Auch wenn das Urteil gerade wegen der Bestätigung durch den BGH die Runde in der Fachpresse macht, ist es aus meiner Sicht doch keine so große Neuigkeit. 

Und weiterhin ist unser dringender Rat, die Gesundheitsfragen aufmerksam und korrekt zu beantworten und vor allem nichts zu verschweigen, was offensichtlich abgefragt wird und wo man mit normalem Menschenverstand merkt „das wäre jetzt Betrug, wenn ich dieses oder jenes verschweige“. Denn gerade für diese Fälle zeigt das Urteil doch glücklicherweise, dass sich Betrug in den allermeisten Fällen nicht lohnt. 

Wenn Sie sicher gehen wollen, dass auch schon vor Ablauf von zehn Jahren in keine Fettnäpfchen getreten sind, melden Sie sich gerne und wir helfen Ihnen bei der Aufbereitung Ihrer Gesundheitshistorie und beim sauberen Abschluss Ihrer BU-Versicherung. 

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